Die Fakten:

Der Normal-Steuersatz liegt in Deutschland derzeit bei 19 Prozent (bis 31.12.2006: 16 Prozent) und damit etwa im Durchschnitt aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Daneben gibt es noch einen ermäßigten Steuersatz, vor allem für Grundnahrungsmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs sowie für Bücher, Zeitungen und Kulturveranstaltungen. Der ermäßigte Steuersatz liegt in Deutschland bei sieben Prozent, er wurde letztmalig im Jahr 1983 erhöht und seitdem nicht mehr verändert.

Für das Lebensmittelhandwerk und den Lebensmitteleinzelhandel gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 %, für gastronomische Dienstleistungen galt bis Juli 2020 in der Regel der volle Steuersatz von 19 %. Ausnahmen gab es beim Catering, wenn es sich um eine reine Anlieferung von Speisen handelt. Kamen weitere Dienstleistungen dazu, wie z. B. Mehrweggeschirr musste für das gesamte Catering der volle Umsatzsteuersatz von 19 % gezahlt werden. Für die Verpflegung in Schulmensen, Kindertagesstätten, Altersheime und Kliniken galt wiederum der volle Steuersatz. Studenten an der Uni kamen mit nur 7 % Steueraufschlag günstiger weg.

Im Zuge der Corona Krise wurde der Mehrwertsteuersatz auf Speisen ab dem 1. Juli befristet bis zum 30. Juni 2021 auf 7 % gesenkt.

Von 28 EU-Staaten haben mittlerweile 17 Staaten einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie. In unseren direkten Nachbarländern Österreich liegt dieser bei 10 %, in Luxemburg bei 3 %, in Frankreich bei 10 %, in Belgien bei 12 %, in den Niederlanden bei 6 %, in Polen bei 8 %.

Nach Einführung des reduzierten Steuersatzes für das Gastgewerbe in Frankreich 2009 entstanden innerhalb eines Jahres 29.500 neue Stellen. Die Zahl der Insolvenzen ging im gleichen Zeitraum um 17 Prozent zurück.

 

Kritik:

  • Der volle Steuersatz, der ab 1.7.2021 wieder gilt, ist für die Gastronomen ein knallharter Wettbewerbsnachteil gegenüber Lebensmittelhandwerk und Einzelhandel. Beispiel: Eine Bratwurst kostet 1 Euro. Dem Metzger bleiben davon 93 Cent als Netto-Einnahmen, dem Gastwirt nur 84 Cent. Das ist ein riesiger Kalkulationsvorteil.
  • Der Wirt am Ende der Kette im Lebensmittelhandel muss als erster und einziger die volle MwSt von 19 % abführen. In der Praxis bedeutet dies, selbst bei einem Aufschlag von Null, wird das Lebensmittel um 12 % teurer. In den strukturschwachen ländlichen Regionen Bayerns können diese Preise –anders als in Ballungsräumen – aber niemals generiert werden.
  • Im grenznahen Bereich zu unseren Nachbarländern stellt der volle Steuersatz eine massive Benachteiligung dar.
  • Im Bereich Catering/Partyservice sind die steuerlichen Vorgaben so kompliziert, dass selbst Finanzämter sich oft schwertun, den gültigen Steuersatz zu ermitteln. Beispiel: Liefert der Caterer Essen in Einweggeschirr, so gilt der reduzierte Steuersatz von 7 %. Verwendet er dagegen Porzellangeschirr (was aus Umweltgesichtspunkten die bessere Wahl ist) muss er dagegen 19 % bezahlen.

Nicht weniger kompliziert wird es bei der Currywurst vom Imbiss. Wer seine Wurst direkt am Imbissstand auf den davor bereitgestellten Sitzmöbeln verzehrt, muss den vollen Mehrwertsteuersatz bezahlen. Beim Essen im Stehen oder auf der Parkbank gegenüber werden dagegen nur 7 % fällig.

  • Mit dem derzeitigen Steuersystem fördert der Staat die Essensvariante
    „To Go“ und benachteiligt Mahlzeiten am gedeckten Tisch.

 

Der VEBWK fordert:

Der VEBWK befürwortet ausdrücklich einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel.

Die Reduzierung des Steuersatzes für die Hotellerie hat es vorgemacht: Allein im Jahr 2010 wurden 900 Millionen Euro in die Hotelbetriebe investiert. Daneben wurden 2010/2011 mehr als 14.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse geschaffen.

Eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf Speisen und Getränke wäre wie eine Konjunkturspritze. Profitieren würden jedoch nicht nur die Gastronomen, sondern auch die heimischen mittelständischen Handwerksbetriebe.

Einer Studie über Erfolgsfaktoren und Risiken des Erhalts der bayerischen Wirtshauskultur, durchgeführt vom AMW Institut München im Auftrag des VEBWK 2012/2013 zur Folge, wäre eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für viele Betriebe eine Grundlage zur Sicherung ihrer Existenz und ein wirksamer Schritt gegen das Wirtshaussterben, der noch dazu völlig unbürokratisch wäre.

Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Gastfreundschaft schafft attraktive Preise, mehr Nachfrage, mehr Investitionen, leistet wertvolle Spielräume bei der Entlohnung und sorgt für mehr Wettbewerbsgerechtigkeit.

Der VEBWK fordert daher die dauerhafte Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für alle Dienstleistungen von Mensch zu Mensch. Dadurch erfolgt auch in der Gastronomie eine steuerliche Gleichbehandlung von Speisen, unabhängig von der Art und dem Grad der Zubereitung und dem Ort des Verzehrs.