Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf will die Regelung zur Arbeitszeit flexibler gestalten. Konkret soll an bestimmten Arbeitstagen dann auch mehr als zehn Stunden gearbeitet werden dürfen, die Wochenarbeitszeit bleibt jedoch gleich. Ein Vorstoß, den der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) begrüßt.

„Mehr Flexibilität in der Gestaltung der Arbeitszeit ist ein Gewinn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer“, sagt VEBWK-Geschäftsführerin Dr. Ursula Zimmermann, „das Modell der täglichen Höchstarbeitszeit ist längst veraltet. Das zeigen auch aktuelle Umfragen.“ Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und NTV würden es so beispielsweise 71 Prozent der Befragten begrüßen, wenn Deutschland dem Vorbild Belgiens folgt. Dort wird gerade ein Rechtsanspruch auf eine Vier-Tages-Woche bei gleicher wöchentlicher Arbeitszeit geplant. „So ist das natürlich nicht in jeder Branche möglich. Aber für viele Unternehmen und ihre Angestellten wäre es ein echter Zugewinn, wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit gibt, passgenaue und flexible Arbeitszeitenregelungen zu finden“, so Dr. Zimmermann, „wichtig bei dieser Diskussion ist, zu verstehen: Die wöchentliche Höchstarbeitszeit ändert sich nicht. Es geht lediglich um eine flexible Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage.“

Schon jetzt gibt es Berufsgruppen, beispielsweise Chefärzte oder leitende Angestellte, für die dieses Konzept schon lange gilt. Und auch bei vielen „Mammutsitzungen“ im Bundestag wird das Arbeitszeitgesetz für Referenten und Mitarbeiter nicht eingehalten. „Arbeiten dann, wenn es gerade erforderlich ist, oder – gerade in Hinblick darauf, dass orts- und zeitunabhängiges Arbeiten immer mehr möglich ist – wenn es gerade passt, das eröffnet Unternehmen und Angestellten ganz andere Freiheiten als bisher“, so die VEBWK-Geschäftsführerin, „so werden beispielsweise die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestärkt und der Fachkräftemangel entschärft.“ Letzteres gilt so im Besonderen auch für die Gastronomiebranche. „Hier haben wir die Besonderheit, dass die Hauptarbeitszeit auf einzelne Veranstaltungen in der Woche entfällt, die meist am Freitag und Samstag stattfinden“, weiß Dr. Zimmermann, „eine Flexibilisierung der Arbeitszeit würde an diesen Tagen längere Schichten erlauben. Dafür haben die Mitarbeiter entsprechend unter der Woche weniger Stunden zu arbeiten.“ Eine Regelung, die der Personalnot in der Gastronomie entgegenwirken würde.

Kritik an dem Vorstoß der Bayerischen Arbeitsministerin kommt aus der Richtung der Gewerkschaften. Sie fürchten die Ausbeutung von Beschäftigten. Ein Argument, dass der VEBWK nicht nachvollziehen kann. „In Hinsicht auf die derzeitige Personalnot in vielen Branchen hätte wohl jeder Angestellte die Möglichkeit, sofort in einem anderen Bereich eine Arbeit zu finden, wenn ein Arbeitgeber die neue Regelung wirklich zur Ausbeutung nutzen würde“, so die Geschäftsführerin, „anders herum gibt es jedoch für Unternehmer so auch die Chance, über besonders gute Arbeitszeitgestaltungen mehr Personal für ihren Betrieb zu gewinnen. Eine Win-Win-Situation für Chefs und Mitarbeiter!“

Auch die Sorge des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) vor gesundheitlichen Schäden der Arbeitnehmer durch zu lange Arbeitszeiten sind unbegründet: „Es geht in dieser Debatte nicht darum, dauerhaft längere Arbeitszeiten zu etablieren, wie es während der Coronapandemie in manchen Branchen per Allgemeinverfügung eingeführt wurde“, stellt Dr. Ursula Zimmermann klar, „es geht lediglich um mehr Flexibilität in der Verteilung der Arbeitszeit. In der Gastronomie bezieht sich das beispielsweise auf eine Verlagerung in Richtung Wochenende, in anderen Wirtschaftsbereichen auf das Ausgleichen kurzfristiger Auftragsspitzen. Gesundheitliche Schäden sind hier nicht zu erwarten!“