Einleitung und Anliegen des VEBWK

Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur e. V. (VEBWK) vertritt die Interessen der traditionellen Gastronomiebetriebe in Bayern und engagiert sich für den Erhalt der Wirtshauskultur. Wir begrüßen die Gelegenheit, zum Entwurf der Verordnung zur Änderung der BayGastV Stellung zu nehmen. Hintergrund der Novellierung ist die Absicht, das Gestattungsverfahren nach § 12 Gaststättengesetz (GastG) – also die Erlaubnis für den vorübergehenden Gaststättenbetrieb aus besonderem Anlass – zu entbürokratisieren und zu digitalisieren. Diese Ziele unterstützen wir ausdrücklich. Angesichts jährlich rund 70.000 erteilter Gestattungen in Bayern erscheint es sinnvoll, den Verwaltungsaufwand sowohl für Antragsteller als auch für Gemeinden auf ein notwendiges Maß zu reduzieren. Gleichzeitig ist es jedoch Kernanliegen des VEBWK, dass die gesetzlichen Schutzzwecke – insbesondere die Bindung der Gestattung an einen „besonderen Anlass“ – nicht verwässert werden. Unser Verband sieht mit Sorge, dass die Wirtshauskultur leidet, wenn immer mehr quasi-gewerbliche Veranstaltungen ohne reguläre Konzession die traditionellen Wirtshäuser verdrängen. In Bayern gibt es bereits Gemeinden ganz ohne örtliches Wirtshaus. Vor diesem Hintergrund möchten wir neben Lob für den Entwurf auch konkrete Nachbesserungenvorschlagen, um Missbrauch vorzubeugen.

Würdigung der Entbürokratisierung und Digitalisierungsinitiative

Zunächst möchten wir die Grundidee der Entbürokratisierung ausdrücklich würdigen. Der Verordnungsentwurf zielt darauf ab, doppelte Prüfungen und unnötige Formalitäten im Gestattungsverfahren abzubauen. Insbesondere Antragsteller, die bereits über eine gastgewerbliche Erlaubnis oder eine Reisegewerbekarte verfügen, sollen nicht bei jeder einzelnen Veranstaltung erneut umfassend geprüft werden müssen. Dies entspricht dem Prinzip der Verwaltungsvereinfachung und kommt sowohl den Kommunen als auch den Gewerbetreibenden zugute. Auch die geplante digitale Abwicklung des Verfahrens (etwa durch Wegfall der strikten Schriftform) ist ein zeitgemäßer Schritt, den wir begrüßen. Insgesamt versprechen die Änderungen eine spürbare Erleichterung und Kostenreduktion im Vollzug, ohne dass die Sicherheit oder Ordnung dabei grundsätzlich gefährdet wird. Der VEBWK stimmt mit dem Ziel überein, bürokratische Hürden für echte Sonderveranstaltungen abzubauen, damit z. B. örtliche Vereine, Reisegastronomen oder auch Wirte bei Volksfesten effizienter agieren können.

Besondere Anlässe: Wichtigkeit und derzeitige Praxis

Trotz unseres Verständnisses für die Entlastung der Behörden möchten wir den Fokus auf einen zentralen Aspekt lenken: den „besonderen Anlass“ als gesetzliche Voraussetzung der Gestattung. Nach dem Wortlaut des § 12 GastG darf eine vorübergehende Gaststättenerlaubnis nur bei Vorliegen eines besonderen Anlasses erteilt werden. Die Rechtsprechung – insbesondere ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts – hat diesen Begriff klar umrissen: Ein besonderer Anlass liegt vor, wenn die gastronomische Tätigkeit an ein kurzfristiges, nicht häufig auftretendes Ereignis anknüpft, das außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegt. Typische Beispiele sind Jubiläumsfeiern eines Vereins oder die Einweihung eines öffentlichen Gebäudes. Nicht hierunter fallen hingegen regelmäßig wiederkehrende Festivitäten oder Veranstaltungen, die primär der Gewinnerzielung dienen und keinen außergewöhnlichen Ereignisbezug haben.

Der VEBWK stellt fest, dass die verwaltungsmäßige Praxis in vielen Kommunen von diesem eng gefassten Gesetzeszweck bereits heute erheblich abweicht. Nach unseren Beobachtungen wird der vom Gesetzgeber geforderte „besondere Anlass“ vor Ort oft sehr extensiv ausgelegt – Gestattungen werden vielfach auch für Ereignisse erteilt, die eigentlich Routineveranstaltungen des gesellschaftlichen Lebens oder gewerbliche Festivitäten ohne echten Anlassbezug sind. Diese Entwicklung bereitet uns Sorge, denn sie läuft dem Sinn des § 12 GastG entgegen. Dieses Phänomen belastet die ortsfesten, konzessionierten Wirtshäuser ungerecht und erschwert die behördliche Kontrolle des Jugendschutzes, der Hygiene und anderer Auflagen.

Geplante Genehmigungsfiktion und Wegfall des Bescheidverfahrens

Vor dem obigen Hintergrund betrachten wir die im Entwurf vorgesehene Genehmigungsfiktion bei Gestattungen mit gemischten Gefühlen. Konkret sieht der Entwurf vor, dass eine beantragte Gestattung künftig als genehmigt gilt, wenn innerhalb von zwei Wochen kein Bescheid ergeht, vorausgesetzt, die erforderlichen Unterlagen (z. B. zum Zuverlässigkeitsnachweis wie eine Reisegewerbekarte) liegen vor. Diese Regelung nach § 6a GewO, die bislang wegen der dreimonatigen Frist kaum zum Tragen kam, würde damit gezielt auf zwei Wochen verkürzt werden. Des Weiteren soll auf die Erstellung eines schriftlichen Bescheids verzichtet werden können, wenn seitens der Kommune keine Zweifel am Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen bestehen. Aus Verwaltungssicht ist dieser „vereinfachte Vollzug“nachvollziehbar, denn er spart Zeit und Ressourcen. Allerdings möchten wir zu bedenken geben, dass gerade die formale Bescheidprüfung bislang ein wichtiges Kontrollinstrument darstellt. Wenn in Zukunft die Erlaubnis stillschweigend erteilt wird, fehlt ein aktiver Entscheidungsakt, in dem die Behörde prüfend Stellung nehmen muss, ob tatsächlich ein besonderer Anlass vorliegt und alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Wir befürchten, dass diese Verfahrensänderung – so gut sie im Idealfall für unproblematische Fälle ist – in der Praxis auch die Neigung zur großzügigen Handhabung weiter verstärken könnte. Ein Antrag, der vielleicht nicht wirklich an einen besonderen Anlass gebunden ist, würde ohne ausdrückliche Prüfung nach Fristablauf automatisch genehmigt. Die Behörde müsste nur noch eingreifen, wenn ihr etwas auffällt; was aber, wenn fragwürdige Fälle gar nicht mehr auffällig werden, weil das Verfahren sie ohne weiteres durchwinkt? Hier droht sich ein bereits bestehendes Problem zu verschärfen: Schein-Sonderveranstaltungen erhielten quasi einen Freibrief, solange sie formgerecht angemeldet werden. Für die örtlichen Gastronomiebetriebe könnte dies zu weiterem Wettbewerbsdruck durch quasi-gewerbliche Events führen, und gleichzeitig würden Kontrollmöglichkeiten der Behörden (etwa die Information von Finanzamt, Gesundheitsamt oder Polizei vorab) weiter eingeschränkt. Kurz: Die gute Absicht der Entlastung darf nicht unbeabsichtigt zur Aushöhlung der Regelungen führen, welche die Gelegenheitsgastronomie von der Dauerbewirtung abgrenzen.

Vorschläge für Nachbesserungen im Verordnungsentwurf

Um die Vorteile der Entbürokratisierung zu verwirklichen, ohne die oben skizzierten Risiken einzugehen, schlägt der VEBWK folgende Änderungen bzw. Ergänzungen am Entwurf vor:

  • Verbindliche Definition des „besonderen Anlasses“:

Der Begriff sollte in der BayGastV oder den Vollzugshinweisen klarer gefasst werden – orientiert an der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine solche Klarstellung – z. B. dass ein besonderer Anlass ein seltenes, externes Ereignis sein muss, das nicht in der gastronomischen Tätigkeit selbst begründet liegt – würde den Gemeinden eine verlässlichere Richtschnur geben. Damit würde deutlich, dass regelmäßig wiederkehrende oder rein kommerziell motivierte Veranstaltungen nicht unter § 12 GastG fallen dürfen. Eine präzisere Begriffsbestimmung könnte helfen, bayernweit eine einheitliche Anwendung zu sichern und Missbrauch zu erschweren.

  • Begrenzung von Gestattungen ohne besonderen Anlass:

Um zu verhindern, dass der Ausnahmecharakter des § 12 GastG unterlaufen wird, sollte geprüft werden, ob für die Praxis ergänzende Maßgaben eingeführt werden können wie z. B. die Pflicht zur konkreten Anlassbeschreibung bei jeder Anzeige. Dies würde insbesondere der Tendenz entgegenwirken, dass auch alltägliche oder serielle Veranstaltungen als „besonderer Anlass“ ausgegeben werden. Ziel ist nicht, ehrenamtliche Vereinsarbeit zu erschweren, sondern sicherzustellen, dass sich die Gestattungen tatsächlich auf außergewöhnliche Ereignisse beschränken.

  • Erhalt gewisser Kontrollmechanismen:

Trotz Wegfalls des förmlichen Bescheids sollte die Transparenz des Verfahrens gewahrt bleiben. Wir regen an, im Zuge der Digitalisierung eine automatisierte Informationsweitergabe an die zuständigen Stellen (z. B. Steuerbehörden, Gesundheitsamt, Lebensmittelüberwachung, Jugendschutz) sicherzustellen, sobald eine Gestattung angezeigt wird. So kann trotz Genehmigungsfiktion gewährleistet werden, dass alle beteiligten Stellen Kenntnis von anstehenden Ausschank-Veranstaltungen haben und ggf. stichprobenartig kontrollieren können. Zudem könnte erwogen werden, die Gebührenordnung so zu gestalten, dass bei missbräuchlicher Nutzung der Genehmigungsfiktion (z. B. bei Veranstaltungen ohne tatsächlichen Anlass) Sanktionen oder Gebührennachforderungen möglich sind – um einen Anreiz zur korrekten Antragstellung zu bieten.

Mit diesen Nachbesserungen bliebe der Grundgedanke der Verfahrensvereinfachung unangetastet, doch es wäre zugleich sichergestellt, dass die Ausnahmen nicht zur Regel werden und die bayerische Wirtshauskultur vor unlauterer Konkurrenz geschützt wird.

Fazit

Der VEBWK dankt ausdrücklich für das Bestreben der Staatsregierung, die Gaststättenverordnung moderner und bürgerfreundlicher zu gestalten. Weniger Bürokratie und mehr digitale Effizienz kommen allen Beteiligten zugute. Allerdings darf die legitime Vereinfachung des Gestattungsverfahrens nicht dazu führen, dass die ohnehin großzügig gehandhabte Ausnahmegenehmigung künftig gänzlich entgrenzt wird. Unsere Vorschläge zielen darauf ab, den Charakter des § 12 GastG als Ausnahmeregelung zu bewahren, indem der besondere Anlass klar definiert und von regulärem Gaststättenbetrieb abgegrenzt wird. So kann einerseits das Verwaltungsverfahren schlanker werden, andererseits bleibt gewährleistet, dass regulär konzessionierte Betriebe und gelegentliche Ausschank-Anlässe fair unterschieden werden.

Zusammenfassend begrüßt der VEBWK die geplante Entbürokratisierung, warnt jedoch vor unbeabsichtigten Folgen und ersucht die Verantwortlichen, die genannten Anpassungen in den Verordnungstext einfließen zu lassen. Dies würde sicherstellen, dass echte Sonderveranstaltungen erleichtert werden, ohne dass die Kontrolle über Umfang und Anlass der Gestattungen verloren geht. Im Interesse der bayerischen Wirtshauskultur und eines ausgewogenen Miteinanders von Festkultur und dauerhafter Gastronomie bitten wir, diese Anregungen wohlwollend zu prüfen.