In wenigen Tagen, am 29. März 2023, wird im EU-Parlament über eine Novellierung der F-Gas-Verordnung abgestimmt, die noch dieses Jahr in Kraft treten soll. Sollte der Entwurf so verabschiedet werden, so hätte dieses Gesetz verheerende Auswirkungen: Zigtausend Klimaanlagen in Arztpraxen, Hotels oder Altenheimen können im Fall einer ungewollten Leckage nicht mehr betrieben werden. Das gleiche gilt für Kälteanlagen von Wirten, Bäckern, Metzgern, Supermärkten oder auch der Industrie. Für tausende Betriebe könnte dies das Aus bedeuten!

 „Es ist der reine Irrsinn, was kommende Woche im EU-Parlament beschlossen werden soll“, sagt Hans Koller, stellvertretender Vorsitzender des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK), „die Maßnahmen zur Reduzierung der Verwendung von fluorierten Treibhausgasen, sogenannten F-Gasen, die häufig als Kältemittel für Klima-, oder andere Kälteanlagen verwendet werden, ist bereits seit 2015 über eine EU-Verordnung geregelt. Dabei wurde bisher jedoch hauptsächlich auf Anreize zur Verwendung von Alternativen gesetzt. Über den jetzt vorliegenden Novellierungsvorschlag wird jetzt jedoch mit der Brechstange gearbeitet: So werden ab 2025 nicht nur neue stationäre Kälteanlagen mit F-Gasen verboten. Anlagen die heute verbaut werden, dürfen ab 2026 nicht mehr gewartet und repariert werden und sind für die Ersatzgase nicht geeignet. Ist das nachhaltig? Für eine Vielzahl an Branchen bedeutet das einen finanziellen und organisatorischen Albtraum: Leckt eine Klima- oder Kühlanlage, darf der Techniker nicht einfach eine Reparatur durchführen. Auch eine Instandhaltung ist nicht möglich. Stattdessen muss die Kälteanlage stillgelegt werden. Bis zum Einbau einer Ersatzanlage, die den neuesten Anforderungen entspricht und zudem um ein Vielfaches teurer ist, vergehen aufgrund der Lieferzeiten mehrere Wochen. Eventuell gelagerte Lebensmittel verderben in dieser Zeit.

 „Nicht nur Metzger, Bäcker und Hotels sind von dieser Novellierung massiv betroffen“, so Koller, „auch die Automobilindustrie, Rechenzentren oder Krankenhäuser stehen jetzt vor irrsinnigen Unkosten! Die gesamte Wirtschaft hat sich auf die ursprüngliche EU-Verordnung verlassen und auch hohe Investitionen nach den dort angelegten Maßstäben getätigt.“ Die Verbände des Kältehandwerks nennen so in einem Positionspapier beispielsweise einen großen Hamburger Hotelneubau, der aufgrund seines Anlagenkonzepts 2018 mit einem Preis für seine Energieeffizienz ausgezeichnet wurde. Zur Kühlung und Beheizung wird ein System mit F-Gasen verwendet. Ein Ersatz durch ein natürliches Kältemittel ist technisch nicht möglich bzw. wäre einem Neubau des Gebäudes gleichzusetzen. Bei einem Kältemittelverlust der Anlage müsste das Hotel seinen Betrieb einstellen, wenn das für die Wartung erforderliche Kältemittel nicht mehr am Markt verfügbar ist.

„Der derzeitige Entwurf der Novellierung ist einfach unsinnig: Für unsere Wirtschaft, der in ohnehin sehr schwierigen Zeiten ungeplante und sehr hohe Zusatzkosten aufgebürdet werden, aber auch in Hinblick auf die Umwelt“, so die Geschäftsführerin des Vereins Dr. Ursula Zimmermann, „funktionsfähige und teilweise neue Anlagen, die eigentlich unkompliziert repariert werden könnten, müssen verschrottet werden. Das kann nicht dem Umweltgedanken der EU entsprechen.“ Besonders makaber: Gerade in den derzeit so propagierten und geförderten Wärmepumpen werden zu 85-90 % genau diese F-Gase verwendet. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen jährlich mindestens 500.000 Wärmepumpen installiert werden, d.h. 6 Mio Wärmepumpen bis 2030. Die Umsetzung der nationalen und europäischen klimapolitischen Ziele wären durch eine Verknappung der F-Gase dadurch gefährdet.

„Fakt ist: Die Novellierung der F-Gase-VO gefährdet die Instandhaltung von Bestandsanlagen und bereits in Planung befindlicher Bauvorhaben mit großen Kälteanlagen. Betriebe sind jedoch darauf angewiesen, dass im Fall von Kältemittelverlusten weiter Kältemittel zur Verfügung stehen und dass die Wartung weiterhin erlaubt ist, da es andernfalls zum Totalstillstand kommt“, so Dr. Zimmermann, „dass aufgearbeitete oder recycelte F-Gase laut Verordnungsentwurf im Service bis Ende 2029 verwendet werden dürfen, ist nur ein schwacher Trost, da diese voraussichtlich nicht in der erforderlichen Menge verfügbar sein werden.“ Der VEBWK stellt sich daher ganz klar gegen die derzeitige Ausgestaltung der Novellierung: „Die Novellierung der F-Gas-VO in der derzeitigen Form muss verhindert werden. Vielmehr sollte sie sich an der technischen und wirtschaftlichen Verfügbarkeit von Anlagen und Kältemitteln orientieren, ebenso wie an der energetischen Sinnhaftigkeit! Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass ein Weiterbetrieb der Bestandsanlagen möglich ist.“